Die Borromäer: Den schriftlichen Überlieferungen nach gingen die Borromäer aus der altrömischen Oberschicht der Patrizier hervor und blickten auf den letzten Lombardenkönig Desiderius des spätantiken Roms zurück. Giovanni Borromeo, ein reicher Kaufmann und Bankier aus Padua, verblieb ohne männliche Nachkommen, weshalb er 1406 den Sohn seiner Schwester, Vitaliano Vitaliani, adoptierte. Vitaliano trug von da an den Namen Borromeo, behielt aber gleichzeitig die Erbrechte mütterlicherseits.

Später zog er als erfolgreicher Geschäftsmann nach Mailand und wurde zum Günstling von Filippo Maria Visconti, dem Herzog von Mailand, der ihn großzügig mit Lehen der Lombardei am Lago Maggiore versorgte. Das Lehensystem verpflichtete die Lehnsempfänger, die sogenannten Vasallen, unter anderem, ihren Lehnsherren als Mitstreiter in Schlachten gefällig zu sein. Zu diesen Lehen gehörte die Burg Arona, mit welcher die Vergabe des italienischen Grafentitels Conte verbunden war. Erstmals erhielt dadurch ein Borromäer einen Adelstitel, der daraufhin die Burg Arona zum Stammsitz der Familie erklärte. Die Nachfahren des Conte Vitaliano beanspruchten zunehmend weltgeistliche Posten für sich und verschafften sich Zugang zum Klerus.

Kardinal Giberto III Borromeo (1615-1672) genoss eine jesuitische und rechtsgelehrte Ausbildung und trat in den Dienst der päpstlichen Familie in Avignon. Carlo Borromeo (1538 – 1584) wurde zum Kardinalnepot ernannt, eine damals verliehene kirchliche Stellung für päpstliche Verwandte. Aus dieser gestärkten Position heraus trat er als Gegenreformator hervor. Auf weltlicher Ebene gründete Carlo Borromeo in Pavia das Collegio Borromeo, ein Studenteninternat für Bedürftige.

Die Person des Carlo Borromeo war sehr umstritten. Von den Humiliaten, Befürworter von Armut und Bescheidenheit, wurde auf ihn ein Anschlag verübt, den er jedoch überlebte. Im Gegenzug wurde er von der katholischen Kirche 1602 selig und 1610 heilig gesprochen. Kardinal Federico Borromeo (1564 − 1631) hätte ein bescheidenes Kirchenleben vorgezogen, aber auf Druck seiner Verwandten nahm er den Posten eines Kurienkardinals, eines Verwaltungsbeamten der katholischen Kirche, an und gründete in Mailand die Biblioteca Ambrosiana.

Der Bibliothek, die heute noch existiert, wurden eine Künstlerakademie und Gemäldesammlung angeschlossen. Ende des 16., Anfang des 17. Jahrhunderts wurde der Stammsitz der Familie verlegt. Graf Carlo III Borromeo (1586 – 1652) ließ zu Ehren seiner Gemahlin Gräfin Isabella D’Adda einen Inselpalast namens Isola Bella im Lago Maggiore errichten, dessen Fertigstellung aber erst seine Söhne Renato, Giberto und Vitaliano erlebten. Vitaliano VI (1620 – 1690), Rechtsgelehrter, Diplomat und Militarist, widmete sich vierzig Jahre lang der Isola Bella, wo er die Gartenanlagen sowie gebäudeinternen Kunstausstattungen in Auftrag gab.

Nach seinem Tod in Mailand wurde sein Herz auf Isola Bella beigesetzt. Sein Bruder Renato II (1613 – 1685), Rechtsgelehrter und Philosoph heiratete Giulia Arese und bekam mit ihr zwei Söhne: Carlo IV und Giberto. Carlo IV erreichte auf seinem Lebensweg die Würde des Vizekönigs von Neapel und des Reichsvikars, welcher nach dem Tod eines Königs oder Kaisers des Heiligen Römischen Reiches bis zur Wahl und Krönung eines neuen Regenten die Regierungsgeschäfte übernahm.

Zuzüglich erhöhte er seine Erbschaftsansprüche, indem er den Familiennamen seiner Mutter, Arese, als Beinamen hinzufügte. Edoardo Borromeo (1822 – 1881) schließlich wurde von Papst Pius IX zum Kardinal ernannt und nahm später am Ersten Vatikanischen Konzil und am Konklave zur Wahl von Papst Leo XIII. teil. Die nach ihm folgenden Generationen der Borromäer durften sich sogar Don beziehungsweise Donna nennen, ein geistlicher Titel, der auch für Adlige verwendet wurde. Conte Agostino Giorgio Borromeo (*1944), ein gegenwärtiger Nachkomme dieser Dynastie, studierte Geschichte, Politik-wissenschaften und geistliche Musik.

Der Conte ist unter anderem Professor für Kirchengeschichte, Mitglied des Päpstlichen Komitees für Geschichtswissenschaft und Generalgouverneur des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem.