Der Monte Verità

Der Monte Verità ist ein Berg in der Nähe der Stadt Ascona im schweizerischen Kanton Tessin unweit des Lago Maggiore. Im Deutschen wird der Monte Verità auch „Wahrheitsberg“ genannt. Im 20. Jahrhundert siedelte sich dort eine Kolonie mit vielen namhaften Künstlern an, die als Begründerin der alternativen Bewegung galt. Der Hügel wurde zum Zentrum einer neuen Lebenshaltung und zog immer mehr Künstler, Anthroposophen, Psychoanalytiker und andere Sinnsuchende an. Darüber hinaus bot der Monte Verità auch einen Rückzugsort für politisch anders Denkende.

Die Gründung der Kolonie Die beiden deutsch-österreichischen Brüder Karl und Gustav Arthur Gräser sowie der Belgier Henri Oedenkoven und die Münchnerin Ida Hoffmann zählen zu den Gründungsmitgliedern der Kolonie auf dem Monte Verità. Hoffmann und Oedenkoven erwarben das Grundstück auf dem Hügel und gaben ihm seinen heutigen Namen. Während die beiden eine Naturheilanstalt und eine Kolonie für Vegetarier planten, wollten die Brüder Gräser eher eine Aussteiger- und Liebeskommune errichten.

Der Monte Verità ist der Wahrheitsberg

Letztlich lebten in der Kolonie Anhänger beider Bereiche zusammen. Bald schon versammelten sich immer mehr Menschen am „Wahrheitsberg“. Bekannt wurden vor allem die Sommerkurse im Ausdruckstanz (auch „German dance“ genannt), die der ungarische Tänzer Rudolf von Laban anbot. Ungestört entwickelte sich eine Kolonie, die ideale Voraussetzungen für einen alternativen Lebensstil fernab der regulären Gesellschaftsformen bot. Von den umliegenden Gemeinden wurden die Alternativen gedultet.

In dieser Zeit kamen auch viele Dichter, Philosophen und Künstler zum Monte Verità, darunter Ernst Bloch, Max Weber oder Hermann Hesse. Letztgenannter ließ seine hier gemachten Erfahrungen in den Roman „Demian“ einfließen. Die weitere Entwicklung seit den 20er-Jahren Im Jahr 1926 ging der Berg in den Besitz des deutschen Bankiers Eduard von der Heydt über. Er ließ dort drei Jahre später ein Hotel im modernen Bauhausstil durch den Architekten Emil Fahrenkamp errichten.

Nach dem Bau des Hotels kamen Menschen aus der ganzen Welt zum Monte Verità, darunter auch andere Künstler und Architekten des Bauhaus, wie Feininger, Gropius oder Breuer. Der Zweite Weltkrieg unterbrach die Entwicklung der Künstlerkolonie kurzzeitig. In den sechziger Jahren ging der Hügel schließlich in den Besitz der Schweiz über, bevor er Ende der siebziger Jahre eine erneute Blütezeit erlebte. Nach einer Ausstellung, die der Schweizer Harald Szeemann entwarf und die ein großer Erfolg war, wuchs das Interesse an der ehemaligen Kolonie wieder. Szeemann hatte den Monte Verità zu einem Gesamtkunstwerk erhoben, der die alternative Szene nach wie vor stark anzog.

Der Monte Verità heute Seit dem Jahr 1990 gibt es auf dem Monte Verità ein internationales Tagungszentrum in Zusammenarbeit mit der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, das „Centro Stefano Franscini“ – kurz CSF. Hier werden jedes Jahr Konferenzen namhafter Wissenschaftler sowie eine Reihe kultureller Veranstaltungen durchgeführt. Seit 2006 gibt es auf dem Berg außerdem einen Teepark, in dem Seminare abgehalten werden und Teepflanzen erworben werden können. Daneben findet sich auf dem Monte Verità heute ein Museum. Die frühere Vegetarierkolonie, eine große Anzahl an Ausstellungsstücken, die großzügigen Parkanlagen sowie die Gebäude stehen zur Besichtigung zur Verfügung. Harald Szeemanns Ausstellung wird nach einer Neugestaltung ebenfalls wieder zu sehen sein.

INFORMATIONEN | Fondazione Monte Verità Via Collina 84. CH-6612 Ascona. T +41 (0)91 7854040. www.monteverita.org. Interessierte Besucher übernachten gerne im besonderen Umfeld des Hotels, das im neu renovierten Gebäude zuhause ist. Wer die Geschichte des Ortes nicht kennt, ist von der Schlichtheit der Inneneinrichtung überrascht. Interessant sind das Museum und die Führungen. Unter den Überschriften ‚Experimente in Kunst und Leben‘, ‚Japanische Teekultur und Teezeremonie‘ oder ‚Wanderung zu Orten der Kraft‘ werden Führungen mit unterschiedlichen Inhalten angeboten (Dauer ca. 90 – 110 min.; ab 18 CHF).